Erstmals hat im kommunistischen Vietnam ein Parlamentsmitglied einen Misstrauensantrag gegen die Regierung eingebracht. Der Abgeordnete Nguyen Minh Thuyet warf am Mittwoch in Hanoi der Regierung unter Premierminister Nguyen Tan Dung Missmanagement im Zusammenhang mit der hoch verschuldeten staatlichen Reederei “Vinashin” vor.
“Mein Vorschlag soll der Regierung als Warnung dienen”, sagte der Parlamentarier. Ihm liege daran, “eine Atmosphäre von Demokratie und Offenheit in der Nationalversammlung zu schaffen.” Zwei reformorientierte Abgeordnete unterstützten sein Vorgehen.
Die Regierung hatte den Auftrag der Nationalversammlung, die Vinashin-Bücher zu prüfen, 2009 ignoriert. Nachdem die finanziellen Probleme immer größer wurden, fand die Prüfung in diesem Jahr statt und förderte Schulden in Milliardenhöhe zutage. Das Management der Reederei wurde ausgewechselt und mehrere frühere Führungskräfte verhaftet.
Etwa zehn Prozent der knapp 500 vietnamesischen Abgeordneten gehören nicht der Kommunistischen Partei an. “Freie” Kandidaturen außerhalb der Einheitsliste sind seit 1992 möglich. Nach den Bestimmungen der Verfassung kann die Nationalversammlung die von ihr gewählte Regierung abberufen, aber so etwas ist noch nie vorgekommen.
Nach der wirtschaftlichen Öffnung Vietnams und dem kräftigen Aufschwung ist die Regierung in diesem Jahr gegen oppositionelle Bewegungen hart vorgegangen. Sieben Dissidenten sind wegen “Gefährdung der inneren Sicherheit” oder “Agitation gegen die Staatsmacht” zu teilweise langen Haftstrafen verurteilt worden.